Liebe Angehörige, Freunde und Bekannte
Liebe Haiti-Familie
Mit nachfolgenden Gedanken möchten wir den Versuch unternehmen, allen unseren Freundinnen und Freunden im Advent ein Quentchen Ermutigung und Zuversicht in unruhiger Zeit zu übermitteln. Wir brauchen mehr denn je Aufmunterung gegenüber den zerstörenden Kräften auf unserem Planeten.
«Schaudert ihr Himmel, seid entsetzt, seid völlig untröstlich, spricht der HERR» (Jer 2,12).
Jeremia lebt in einer schwierigen Zeit um 600 v. Ch. Sein Volk und die Völker der Umgebung von Juda und Israel haben sich von Gott entfremdet. Sie gehen böse Wege. Jeremia nimmt seine Berufung als Prophet ernst. Er spiegelt den LeserInnen seiner Schriftrolle den Zustand einer von Gott entfremdeten Umgebung und ermahnt seine Glaubensgeschwister hartnäckig, auf den rechten Weg zurückzukehren.
Die atemberaubende Unduldsamkeit der Propheten ist uns heute etwas fremd geworden und wir neigen gerne dazu, diese als übertrieben, fast etwas hysterisch abzutun. Und ehrlich gesagt: Es fällt uns doch leichter, die täglich auf uns einprasselnden schlechten Nachrichten der Welt abzuwehren, durch ein Abtauchen in das Angebot der vielen Genüsslichkeiten in unserer Gesellschaft. Die Tiefe des Elends zu spüren, ist uns abhanden gekommen. Wir werden unablässig herausgefordert, Augenzeugen von Gefühllosigkeit und Grausamkeiten auf unserem Erdball zu sein. Das empfindsame Herz versucht dabei reflexartig, schlechte Erinnerungen wegzudrängen. Belastete Nerven wollen beruhigt werden, das belastete Gewissen lechzt nach «good news». Und wenn sie nicht zu finden sind, bietet sich die Befriedigung eigener Bedürfnisse an. «Wir sind es uns wert» lautet das Fazit eines Werbevideos für teure Schönheitscrèmes.
Überall auf unserem Planeten machen sich lebensfeindliche Kräfte bemerkbar. Ratlosigkeit und Resignation greifen spürbar um sich. Mitleid und mit-leiden ermüdet die sensible Seele auf die Dauer und endet allzu oft in einer Sackgasse von Erschöpfung, in Desinteresse, Depressionen und «burn out». Und mehr und mehr ist unser Wunsch nach Antworten auf die Frage zu spüren, wie unserem chronisch erkrankten Planeten und seinen BewohnerInnen wieder auf die Beine geholfen werden kann.
Gebannt haben wir 2022 gen Osten geschaut, wo das grausame Spiel von Gewalt und Terror in einen menschenverachtenden Krieg ausgeartet ist. Dabei wird beinahe vergessen, dass im Westen der Schweiz, in Haiti, ein ebenso grausames Geschehen in eine Gewaltorgie hemmungslos agierender Banden abgedriftet ist.
So weit - so schlecht. Wie lässt sich aber das Tor öffnen, um den Ausweg aus dieser Notlage zu finden? Jeremia hat die Lösung aus der unglückseligen Abwärtsspirale, in die sein Volk geraten ist. Sein credo an seine Landsleute: Kehret um zu mir, dem HERRN, dem Schöpfer des Universums!
«Und es werden Jubelrufe und Freudenschreie vernommen werden, die Stimme des Bräutigams und die Stimme der Braut, die Stimmen jener, die sagen: Dankt dem HERRN; denn der HERR ist gut und ewig währt seine Gnade!» (Jer 33,11).
Jeremias Ratschlag hat nach zweieinhalb tausend Jahren seine Wahrhaftigkeit nicht verloren. Der Prophet plädiert für Bedürfnisbefriedung anstelle von Bedürfnisbefriedigung. Abraham fing als Rebell an gegen seinen Vater und gegen die abscheuliche Götzenverehrung seiner Zeit. Er wurde ausgezeichnet vom Herrn wegen seiner Gehorsamsverweigerung gegenüber dem genussvollen Denken und Leben seiner Zeitgenossen. Abraham setzte einen Neuanfang und lehrte seine Nachkommen «die Wege des HERRN zu halten und zu tun, was recht und richtig ist» (Gen 18,19). Für seine Taten wurde er reichlich belohnt.
Vom Kind in der Weihnachtskrippe erfahren wir, dass es später als Hoffnungsprediger für die Benachteiligten seine persönlichen Bedürfnisse im unerschütterlichen Gottvertrauen zurückgestellt und sich kompromisslos dem Wohlergehen seiner Mitmenschen zugewandt hat. Das ist doch ein passender Schlüssel für eine bessere Welt und ein Anruf an uns alle zu einem gottgefälligen Leben auf unserem ach so zerstrittenen Planeten.
LEMUEL SWISS wünscht Euch/Ihnen allen eine Adventszeit und Weihnachten in freudiger Aufbruchstimmung vom Ich zum Du und damit nahe zu unserem gnädigen und gütigen Schöpfergott. Vielleicht können wir in diesem Bewusstsein im neuen Jahr 2023 die mannigfaltigen Herausforderungen unserer Zeit fröhlicher und gelassener angehen. Unsere Mitmenschen und unsere lieben kleinen und grossen HaitianerInnen werden es bestimmt zu schätzen wissen, dass wir ihnen nach wie vor mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten Beistand leisten, weil wir unsere eigenen Bedürfnisse zur Ehre Gottes etwas zurückstellen. Es ist nicht verboten, weiterhin tatkräftig Hoffnung zu spenden und mutig voranzugehen, diesseits und jenseits des Atlantiks.
«Wie kann der Mensch neu geboren werden, wenn er schon alt ist?» (Joh 3,4) fragt Nikodemus Rabbi Jesus.
Gerade an Weihnachten wird uns bewusst, dass unser Leben immer wieder neu geboren werden kann, damit der Aufbruch in eine menschenfreundlichere Zukunft eine Chance erhält. Und ich bin mir ganz sicher: Darüber freut sich der Himmel. Er wird jubilieren - und dann dürfen auch wir getrost in diesen Jubel mit einstimmen.
Mit herzlichen Grüssen und Segenswünschen
Reto Lareida
Die Bilder vermitteln einen Einblick in unser Aufgabenfeld in Haiti. Es sind Fotos aus unserem Hauptquartier, von den Frauen in der Schneiderinnenausbildung, von der Primarschule in Jean Jules - in den Bergen Haitis, wo wir eine Kinderspeisung führen - und Kindern den Schulunterricht ermöglichen, sowie von Kindern, welche bei uns Unterschlupf gefunden haben. (Mauszeiger auf dem Bild stoppt den Ablauf.)
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